Vielleicht der massivste Eingriff, den man sich als Hausbesitzer und Grundstückseigentümer vorstellen kann. Die Enteignung.
Noch einmal wie früher...
Begriffserläuterung - Enteignung
Ein leider heute eher inflationär gebrauchter Begriff, wenn es um Einschränkungen und Beschränkungen im Bereich des eigenen Grundstücks geht, aber der Begriff ist sehr präzise gefasst und traf die Anwohner der Darmstädter Straße Anfang der 1970er Jahre hart. Teile der Grundstücke wurden enteignet: also "das Grundeigentum von der öffentlichen Hand für ein einer öffentlichen Aufgabe dienendes Vorhaben entzogen."
Insbesondere die Vorplanungen waren für Teile der Anwohner kaum hinnehmbar, denn es wurde ohne Rücksicht auf privates Eigentum bzw. Reduzierung der Belastungen und Einschränkungen der Anwohner geplant. Aufgrund der Möglichkeit gegen diesen schweren Eingriff in das Eigentumsrecht gerichtlich vorzugehen, konnte den Behörden Lösungsvorschläge unterbreitet werden, die im Falle der Darmstädter Straße 50 einen kleinen Teil Vorgarten bestehen ließ und die geplante Bushaltestelle, die unmittelbar an die Hauswand gesetzt werden sollte, verhindert werden.
Die verschiedenen Vorschläge
Eine Bushaltestelle vor das Haus, ein Wartehäuschen an die Fassade - Der erste Vorschlag der Planungsbehörden, der umgesetzt werden sollte.
Um die Enteignung von Privatbesitzern zu vermeiden bzw. den Umfang zu verringern und die Belastung von an- und abfahrenden Bussen sowie von wartenden Gästen vor dem Wohnhaus zu reduzieren, sollte die Bushaltestelle vor die ehemalige Taubstummenanstalt (damals durch das Gymnasium) genutzt.
Ein weiterer Vorschlag sollte die Bushaltestelle vor das damals noch unbebaute Grundstück der Darmstädter Straße 58 legen, damit wäre die Bushaltestelle weder zu Lasten eines Gebäudes noch eines größeren Teils Privatgrundes errichtet worden. Dieser Vorschlag scheiterte an den Zweifeln bezüglich des Anfahrens und Abfahrens von Bussen, die den Bereich der Kirchbergstraße betroffen hätte.
Die "Kompromisslösung" sah vor, die Bushaltestelle vor das Gebäude Darmstädter Straße 50 zu legen, die Straßenführung machte ein keilförmiges Abtrennen des Grundstücks erforderlich.
Entschädigung und Wertminderung
Nach rund 5 Jahren der Planung, der Einsprüche, Entwürfe, Gegenentwürfe, Ortstermine und unzähligen Briefwechseln war sowohl die Enteignung als auch die bauliche Umsetzung im Jahre 1976 vollzogen. Der Verlust an Grundstücksfläche belief sich für das Anwesen "Darmstädter Straße 50 / 50 A" auf 102 qm und wurde mit 110,- DM pro qm (einheitlicher Verkehrswert) entschädigt, hinzu kamen Entschädigungen für den Aufwuchs und die durch die Verringerung des Grundstücks (Nutzbarkeit des Vorgartens nicht mehr gegeben) entstandene Wertminderung von 6.588,- DM. Der Neubau der verlorengegangenen Gartenmauer erfolgte auf Kosten der Allgemeinheit.
Heute so vielleicht nicht mehr?!
Einer der Hauptgründe, die Bushaltestelle so nahe an die Häuser zu legen, nämlich den Verkehrsfluss nicht zu unterbrechen, gilt heute nicht mehr, denn im Rahmen der Neugestaltung der Darmstädter Straße in den 2000er Jahren, wurde die Bushaltestelle wieder mehr in die Fahrbahn verlegt, um einen Radwege zu ergänzen. Somit hätte die Enteignung nicht derart umfassend erfolgen müssen.